Kapitel 3.5: die Transmissionline

Vorwort zu unseren Grundlagen

Unserer Erfahrung nach klingt der Baß einer herkömmlichen Transmissionline (TML) zwar meist sehr druckvoll und spektakulär, aber beim genaueren Hinhören doch sehr unkontrolliert und schwammig. Es fehlt die Präzision und Detailtreue im Bass. Zudem wird der Treiber einer recht hohen Auslenkung ausgesetzt, was nicht erwünscht sein kann. All dies weist unserer Erfahrung nach auf eine zu tiefe Abstimmung und ein zu großes Volumen hin. Mit diesen Grundüberlegungen haben wir uns dann unsere Gedanken zu einem möglichen Aufbau einer TML gemacht.

erster Gedanke: Transmission Line = ventiliertes Prinzip

In einer TML spielt der Treiber auf ein Volumen mit einer Öffnung. Also ist eine TML erst einmal nicht viel anderes als eine Bassreflex (BR). Der große Unterschied besteht darin, daß der Lautsprecher auf eine bestimmte Gehäuseform spielt und nicht wie bei einer BR auf ein definiertes Volumen mit einem Resonator. Vielmehr spielt der Treiber direkt auf die Line und somit auf den Resonator.

zweiter Gedanke: Abstimmfrequenzen

In der Literatur wird immer wieder beschrieben, daß die Line auf die Freiluftresonanz des Treibers abgestimmt werden sollte. Unsere Erfahrung aus vergangenen Projekten zeigt aber, daß sich Frequenzen nie zweimal in einer Konstruktion widerspiegeln sollten. Oder einfacher ausgedrückt: Die Abstimmfrequenz der Line sollte über der Freiluftresonanz des Treibers liegen. Damit wird nicht nur die Belastung auf den Treiber minimiert, sondern es kann auch ein konturierter Bass erwartet werden.

dritter Gedanke: Anfangs- und Endquerschnitt

Die Anfangsfläche AH steht nach unserer Auffassung in einem bestimmten Verhältnis zu der Öffnungsfläche AM. In vergangenen Projekten und Entwicklungen sind wir immer wieder auf den goldenen Schnitt zurückgekommen. Auch bei unserer Herangehensweise an die TML wollen wir diesem Weg treu bleiben.

vierter Gedanke: Volumen der Line

Einer unserer Grundgedanken bei der Berechnung der TML ist, daß das Volumen der Line einen erheblichen Einfluß auf die Qualität der Tonwiedergabe hat. Durch die sich verjüngende Line wirkt eine höhere Luftlast auf den Treiber als bei einer Bassreflex. Schon bei Hörnern hat sich gezeigt, dass das Volumen etwa 15-20% größer als bei einer Bassreflex sein muß. Bei einer TML spielt der Treiber aber nicht auf das Horn, sondern ist direkt in der Line eingebunden. Daher berechnen wir das Volumen etwa 50-60% größer als eine vergleichbare Bassreflex.

Treiberwahl:

Wie bei unseren bisherigen Ansätzen für ventilierte Gehäuse, sollte auch bei einer TML ein Treiber mit einer Gesamtgüte Qts zwischen 0,25 und 0,4 gewählt werden. Die Nachgiebigkeit cms sollte mit 0,3 bis 0,6 mm/N nicht zu weich gewählt werden, um der TML Kontrolle und Kontur zu verleihen.

Berechnungen:

Für die Berechnung einer TML ist grundlegend das Abstimmvolumen der auf den Treiber optimierten BR-Konstruktion wichtig. Durch die vierte Überlegung errechnet sich dann das Volumen folgendermaßen:

Formel 3.5.1:

Berechnung des TML-Volumens


Die Abstimmfrequenz des Treibers in dem Volumen fVTML der Line wird für die weitere Auslegung der TML benötigt. Sehr stark vereinfacht kann die Abstimmfrequenz des Treibers in dem Volumen mit folgender Formel berechnet werden:

Formel 3.5.2:

Berechnung der Abstimmfrequenz des Treibers


Um doppelte Frequenzen zu vermeiden legen wir die Abstimmfrequenz der Transmissionline fTML zwischen die Freiluftfrequenz fsund der Einbaufrequenz fVTML.

Formel 3.5.3:

Berechnung der Abstimmfrequenz der TML


Mit der Abstimmfrequenz der Line fTML kann jetzt die Lauflänge lTML errechnet werden.

Formel 3.5.4:

Berechnung der Linelänge


Wie im dritten Gedanken beschrieben setzen wir die Öffnungsfläche AÖ ins Verhältnis zur Anfangsfläche AA. Um die Flächen zu berechnen müssen wir die TML gedanklich in ein Quader und ein Prisma teilen.

Bild 3.5.1:

Aufteilung der Volumina

Formel 3.5.5:

Voluminaberechnung


Jetzt müssen nur noch die Flächenverhältnisse eingesetzt werden sowie die Konstanten zusammen gefasst werden

Formel 3.5.6:

Berechnung der Flächenverhältnisse

Formel 3.5.7:

Volumenberechnung


Die letzte Variable ist noch die Öffnungsfläche AÖ die sich durch Umstellen der Formel 3.5.7 ganz leich ausrechnen lässt.

Formel 3.5.8:

Berechnung der Öffnungsfläche


Als letzter Schritt in der Auslegung der Transmissionline nach unserer Methode wird die Position des Treibers festgelegt. Die besten Ergebnisse haben wir erzielt, wenn der Treiber auf λ/3 gesetzt wird. Damit ergibt sich ein deutlich linearer Frequenzgang im Vergleich zu der Treiberposition im Bereich des Beginns der Line. Die Simulation wurde mit einem Fostex W300A-II durchgeführt, der auch zur Realisierung der entsprechenden Line eingesetzt wurde.

Bild 3.5.2:

Frequenzgangkurve mit Treiberposition am Anfang der Line

Bild 3.5.3:

Frequenzgangkurve mit Treiberposition auf λ/3


Bild 3.5.4:

Impedanzkurve mit Treiberposition am Anfang der Line

Bild 3.5.5:

Impedanzkurve mit Treiberposition auf λ/3


Der Impedanzverlauf der TML nach unserer Methode zeigt wieder die beiden typischen Impedanzspitzen ventilierter Systeme, was ja schon Hörner nach unserer Methode auszeichnet.

Die Messungen im Raum haben die Simulation bestätigt. Die Überhöhung bei 90Hz und der Einbruch bei ca. 150Hz ergeben sich raumbedingt.

Bild 3.5.6:

Messung einer TML nach unserem Aufbau


Den letzten Feinschliff des Klangbildes gibt natürlich wieder die endgültige Abstimmung nach der Resonanztheorie. Wie schon bei unseren Hörnern sind am Ende wenige ml entscheidend.

An dieser Stelle wünschen wir viel Spass und Erfolg bei der eigenen Berechnung und der persönlichen Umsetzung von TMLs. Wir hoffen, daß dabei genauso gute Erfolge heraus kommen wie bei uns.